Katholische Kirche
Hirtenwort zur ersten Versammlung der Weltbischofssynode 2023
Gemeinschaft – Mission – Teilhabe
1. Das Anliegen von Papst Franziskus – Synodalität als Weg der Kirche
Liebe Schwestern und Brüder!
In dieser Woche, am 4. Oktober 2023, beginnt die erste Versammlung der Weltbischofssynode in Rom. Wir werden Zeugen eines Ereignisses, das es so in der jüngeren Geschichte der Kirche noch nicht gegeben hat. Diesem Treffen in Rom sind seit der Ankündigung durch Papst Franziskus im Jahre 2019 verschiedene Etappen vorausgegangen, an denen sich viele Gruppen beteiligt haben: Eine erste Etappe in den Bistümern der ganzen Welt, in der sich Gläubige zu verschiedenen Fragen und Themen äußern konnten. Auch aus unserem Bistum haben sich über 100 Personen an dieser ersten Phase beteiligt. Im Frühjahr dieses Jahres folgte die zweite Etappe – die kontinentale Phase dieses synodalen Prozesses. Für Europa fand eine große Versammlung in Prag statt. Nun sollen die Erfahrungen und Anliegen der Ortskirchen auf den verschiedenen Kontinenten zusammengetragen werden in der große Weltsynode, die wiederum in zwei Etappen stattfinden wird und erst im Oktober nächsten Jahres abgeschlossen werden soll.
Man spürt deutlich, dass Papst Franziskus nichts überstürzen will. Er möchte eine Kirche, in der man einander geduldig zuhört und zugleich miteinander lernt, die Geister zu unterscheiden und dem Heiligen Geist zu folgen. Im Jahre 2015 hat der Papst in einer Ansprache zum ersten Mal von einer „synodalen Kirche“ gesprochen. Es geht ihm zunächst um einen Stil und eine bestimmte Art und Weise das, was Kirche ist, in der Realität zu leben. Anstehende Probleme und Herausforderungen der Gegenwart, die das kirchliche Leben berühren, sollen jeweils gemeinsam beraten werden. Das geschieht in diesem Monat in Rom, wenn die Vertreter aus den Ortskirchen der ganzen Welt zusammenkommen. Erstmals sind es übrigens nicht nur Bischöfe, sondern auch Laien – Frauen und Männer, die stimmberechtigt an der Synode teilnehmen werden.
„Synodalität“ – das ist keine neue Erfindung, sondern tief in der Heiligen Schrift verankert. Denken wir nur an das sogenannte „Apostelkonzil“, von dem uns in der Apostelgeschichte im Kapitel 15 berichtet wird. Bei dieser ersten Synode haben die Abgesandten aus Antiochien gemeinsam mit der Jerusalemer Urgemeinde nach längeren Beratungen die Entscheidung getroffen, dass man nicht zuerst Jude sein muss, um Christ zu werden. Durch diese Entscheidung wurde verhindert, dass die junge Kirche eine kleine Sekte geblieben ist, sondern eine Gemeinschaft aus allen Völkern und Nationen werden konnte.
Eine Kirche, die synodal handelt, muss immer wieder in einen Prozess der Unterscheidung eintreten. Sie muss gemeinsam herausfinden, was ein echtes „Zeichen der Zeit“ ist, das nach einer Antwort ruft. Sie muss aber auch das benennen, was nicht dem Evangelium entspricht und wo wir vielleicht treuer und entschiedener in der Nachfolge Jesu wachsen müssen.
Papst Franziskus sagte in der erwähnten Ansprache: „Auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Die Welt, in der wir leben und die in all ihrer Widersprüchlichkeit zu lieben und ihr zu dienen wir berufen sind, verlangt von der Kirche eine Steigerung ihres Zusammenwirkens in allen Bereichen ihrer Sendung. Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet. Was der Herr von uns verlangt, ist in gewisser Weise schon im Wort „Synode“ enthalten.
Gemeinsam voranzugehen – Laien, Hirten und der Bischof von Rom –, ist ein Konzept, das sich leicht in Worte fassen lässt, aber nicht so leicht umzusetzen ist.“
2. Die Erfahrungen des Synodalen Weges in Deutschland
Beim synodalen Weg, den die Kirche in Deutschland in den letzten Jahren gegangen ist, wurde mehrfach deutlich, dass es tatsächlich kein leichter Weg ist, das zu verstehen und umzusetzen, was mit dem Wort „Synodalität“ gemeint ist. Dazu kam wohl auch unsere typisch deutsche Art, alles mit Geschäftsordnungen und Abstimmungen regeln zu wollen. Die Kirche ist aber kein Parlament, in dem mehrheitlich Interessen durchgesetzt oder gar Glaubensfragen geklärt werden. Sie ist vielmehr eine Gemeinschaft, in der der Heilige Geist der eigentliche Motor des synodalen Vorgangs ist. Dazu gehört selbstverständlich, dass freimütig gesprochen aber auch demütig zugehört wird, damit dem Wirken des Geistes wirklich Raum gegeben wird. Das ist uns nach meinem Eindruck nicht immer ausreichend gelungen.
In dem zurückliegenden Lernprozess in unserem Land sind Fragen und Probleme aufgetaucht und benannt worden, die auch anderswo in der Welt angesprochen worden sind. Das hat sich bereits bei den kontinentalen Versammlungen gezeigt.
Insofern sehe ich den synodalen Weg in Deutschland tatsächlich als einen Lernprozess an für das, was jetzt in der Weltkirche geschieht: Wir können und sollen unsere Erfahrungen und Überlegungen jetzt in das weltweite Gespräch einbringen.
Dennoch gibt es einen Unterschied: Unser Ausgangspunkt in Deutschland war die Aufdeckung des Missbrauchs durch Kleriker und Angestellte der Kirche. Hier sollten die Ursachen gefunden und bearbeitet werden. Wir mussten dabei schmerzlich der Wahrheit ins Auge sehen, dass es Sünde und Versagen unter uns gibt und dass wir die Betroffenen oft nicht gehört haben und ihnen nicht gerecht geworden sind.
Die Synode der Weltkirche beruht ganz allein auf einer Initiative des Papstes. Er möchte den Stil des kirchlichen Lebens und kirchlicher Entscheidungen stärker im gemeinsamen Überlegen der Bischöfe mit dem ganzen Gottesvolk verankern. Man könnte sagen: Auf allen Ebenen soll die Kirche synodaler werden – das heißt: immer möglichst viele mit ihren Begabungen, mit ihrem Sachverstand und ihrer Glaubenskraft in Entscheidungen einbeziehen.
3. Die drei vorrangigen Fragestellungen der Weltsynode
Auf dem Weg bis zu der in dieser Woche beginnenden ersten Versammlung der Weltsynode haben sich drei Stichworte herauskristallisiert, die ich hier kurz vorstellen möchte.
(3) EineKulturderSynodalitätinderKirchewirddaraufbedachtsein,dasseseinemöglichstgroße TEILHABE (Partizipation) vieler gibt. Die Autorität in der Kirche ist sakramental begründet und sie darf schon deshalb nicht nach weltlichen Maßstäben ausgeübt werden. Nach der Fußwaschung sagt der Herr zu den Jüngern: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“(Joh 13,15). Das ist der Maßstab kirchlicher Leitung. Wer dient, mach den anderen groß und lässt ihn wachsen. Wie können unsere kirchlichen Strukturen und Institutionen noch mehr dazu beitragen, dass Menschen zur Teilhabe eingeladen werden? Das wird eine Frage der Synode sein.
Liebe Schwestern und Brüder,
in dieser Woche werden sich die etwa 375 ordentlichen Mitglieder der Synode in Rom versammeln. Darunter sind 275 Bischöfe, etwas mehr als 50 Priester und Ordensleute sowie rund 45 Frauen und Männer im Laienstand aus aller Welt.
Ich bitte alle Gemeinden unseres Bistums um das Gebet für einen fruchtbaren Weg der Synode. Das Gebetsbildchen kann dabei helfen und möge in den Gottesdiensten und bei Gemeindeversammlungen immer wieder Verwendung finden.
„Der Protagonist der Synode ist der Heilige Geist“, hat Papst Franziskus einmal gesagt. Diesem Geist Gottes vertrauen wir zuversichtlich die Beratungen der Synode und damit den künftigen Weg der Kirche an.
In der Liebe Christi verbunden segne Euch der allmächtige Gott, der Vater, + der Sohn und der Heilige Geist.
Euer Bischof + Wolfgang